Änderung des EEG 2023: „Solarpaket I“ endlich in Kraft getreten Ausbau der Solarenergie soll beschleunigt und entbürokratisiert werden
Im Jahr 2030 sollen mindestens 80 Prozent des in Deutschland verbrauchten Stroms aus erneuerbaren Energien stammen. Und bereits im Jahr 2035 soll die Stromversorgung fast vollständig aus erneuerbaren Energien gedeckt werden. Daher ist im EEG 2023 ein Ausbau der Photovoltaik auf 215 Gigawatt (GW) bis 2030 und auf 400 GW bis 2040 vorgesehen. Der jährliche Netto-Zubau von Solaranlagen soll innerhalb weniger Jahre schrittweise von 9 GW (2023) auf 13 GW (2024) bzw. 18 GW (2025) bis 2026 zu einem Höchstwert von 22 GW gesteigert und auf diesem hohen Niveau stabilisiert werden.
Booster für den Ausbau der Solarenergie
Um das zu erreichen, haben Bundestag und Bundesrat am 26.04.2024 mit der Verabschiedung des „Solarpakets I“ zahlreiche Detailregelungen auf den Weg gebracht. Dieses Gesetz ist am 15.05.2024 mit seiner Verkündung im Bundesgesetzblatt in Kraft getreten und soll bürokratische Hürden abbauen sowie Planungsprozesse beschleunigen und dadurch das Errichten von Photovoltaikanlagen erleichtern.
Robert Habeck, Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz, ist überzeugt: „Die Einigung zum Solarpaket ist ein wichtiger Schritt zum Erreichen unserer Ausbauziele. Nach dem Rekordjahr 2023 mit über 14 GW Photovoltaik-Zubau legen wir damit den Grundstein für die vereinfachte und unbürokratischere Nutzung. Das Paket ist ein weiterer Booster für den Ausbau der Solarenergie. Damit beschleunigen und entbürokratisieren wir die gesamte Spannbreite, vom Balkonkraftwerk über die größere Gewerbedachanlage bis zur großen Freiflächenanlage."
Zubau bei Photovoltaikanlagen hat sich verdoppelt
Nach Daten der Bundesnetzagentur lag der Zubau der Solarleistung in 2023 bei 14,1 GW, also mehr als 50 Prozent über dem im EEG 2023 vorgesehenen Ausbauziel von 9 GW. Am Jahresende betrug die installierte Gesamtleistung in Deutschland 81,7 GW.
„Vor allem beim Zubau von Photovoltaik-Anlagen haben wir einen großen Schritt nach vorn gemacht. Die Zubauleistung hat sich gegenüber dem Vorjahr fast verdoppelt. Diese Investitionen bringen die Energiewende weiter voran - Deutschland hat letzes Jahr erstmals mehr als die Hälfte des Stroms aus erneuerbaren Energien gewonnen,” sagt Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur.
Im vergangenen Jahr lag der Anteil der erneuerbaren Energien an der Nettostromerzeugung in Deutschland insgesamt bei 55,1 Prozent, ungefähr ein Viertel davon entfiel auf die Solarenergie.
„Solarpaket I“ bildet rechtlichen Rahmen für Umsetzung der nationalen Photovoltaikstrategie
Da die Photovoltaik mittlerweile einer der günstigsten Energieträger ist, gehört sie zu den wichtigsten Stromerzeugungsquellen der Zukunft. In der im letzten Jahr vorgestellten Photovoltaikstrategie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) werden verschiedene Maßnahmen aufgeführt, die den zügigen Ausbau der Solarkapazität beschleunigen sollen. Mit dem „Solarpaket I“ (Gesetz zur Änderung des EEG und weiterer energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften zur Steigerung des Ausbaus photovoltaischer Energieerzeugung) ist dafür nun der erforderliche rechtliche Rahmen geschaffen worden.
„Ob für Mieter, Immobilienbesitzer, Landwirte oder Unternehmer – der Zugang zu preiswertem Solarstrom wird deutlich leichter,“ erklärt Carsten Körnig, Hauptgeschäftsführer des BSW-Solar. „Von kleinen Stecker-Solargeräten auf Balkonen, über Solarkraftwerke auf Industriehallen bis hin zum Megawatt-Solarpark – jetzt kann die Sonnenstromernte weiter zunehmen.“
Die Regelungen des „Solar-Paket I“ im Einzelnen:
Erleichterungen für Balkonkraftwerke
Solaranlagen auf Balkonen, sogenannte Steckersolargeräte, sollen möglichst unkompliziert in Betrieb genommen werden dürfen. Die vorherige Anmeldung beim Netzbetreiber entfällt, und die Anmeldung im Marktstammdatenregister wird auf wenige, einfach einzugebende Daten beschränkt. Außerdem soll die Inbetriebnahme von Balkon-Solaranlagen übergangsweise auch mit alten, rückwärtsdrehenden Zählern möglich sein, bis die Installation eines geeichten Zweirichtungszählers durch den Messstellenbetreiber erfolgt ist.
Neues Modell zur gemeinschaftlichen Versorgung mit Solarstrom in Mehrfamilienhäusern
Die Weitergabe von Solarstrom an Mieter oder Wohnungseigentümer innerhalb eines Gebäudes soll weitestgehend von Lieferantenpflichten ausgenommen und die Betreiber der Photovoltaikanlage von der Pflicht zur Reststromlieferung befreit werden. Aufgrund dieser Befreiungen ist in Abgrenzung zum eigenständig fortbestehenden Mieterstrommodell keine zusätzliche Förderung der innerhalb des Gebäudes genutzten Strommengen vorgesehen. Die Überschusseinspeisung in das Netz wird jedoch wie gewohnt nach dem EEG vergütet. Nebenanlagen des Gebäudes können für die Installation der Photovoltaikanlage nun ebenso genutzt werden wie Stromspeicher zur Zwischenspeicherung der Solarenergie.
Verbesserungen beim Mieterstrom
Der Mieterstrom wird in Zukunft auch auf gewerblichen und Nebengebäuden wie z.B. Garagen gefördert, solange der Stromverbrauch ohne Netzdurchleitung erfolgt. Außerdem sollen Anlagen auf benachbarten Wohnhäusern hinter verschiedenen Netzanschlusspunkten nicht mehr zusammengefasst werden. Dadurch werden die einzelnen Anlage nicht mehr größer gerechnet und müssen somit keine Anforderungen erfüllen, die eigentlich nur auf größere Anlagen zutreffen.
Höhere Vergütung für Solaranlagen auf Gewerbedächern
Als Reaktion auf die gestiegenen Bau- und Finanzierungskosten wird die EEG-Förderung für größere Dachsolaranlagen mit einer Leistung von 40 bis 750 Kilowatt (kW) um 1,5 ct/kWh angehoben. Zusätzlich wird die ausgeschriebene Menge für große Dachanlagen ab dem Jahr 2026 auf 2,3 GW pro Jahr erhöht und die Anlagengröße, ab der die Teilnahme an Ausschreibungen verpflichtend ist, auf 750 kW gesenkt.
Repowering auch ohne Modulschaden
Und auch das Repowering bestehender Dachanlagen wird erleichtert. Das „Solarpaket I“ ermöglicht den Austausch durch effizientere Module nun unabhängig vom Vorliegen eines Schadens an einzelnen Modulen.
Mehr Dachflächen durch neuen Stichtag für „Solarstadl“
Um zusätzliche Gebäude für die Installation von Photovoltaikanlagen zu erschließen, werden die bestehenden Vorgaben des EEG zu den sogenannten „Solarstadl“ angepasst. Als „Solarstadl“ werden Gebäude bezeichnet, die im Außenbereich von Kommunen ausschließlich mit dem Ziel errichtet wurden, eine erhöhte Vergütung für eine darauf installierte Dachsolaranlage zu erhalten. Da diese Gebäude keinen anderweitigen Nutzen erfüllten, wurden sie im Jahr 2014 aus der Förderung für Dachsolaranlage ausgeschlossen. Die Regelung zu den „Solarstadl“ wird zwar grundsätzlich weiterhin beibehalten, aber der Stichtag für die Errichtung des Gebäudes wird auf den 1. März 2023 verschoben. Damit können jetzt auch nach dem EEG geförderte Photovoltaikanlagen auf Dächern von Bestandsgebäuden im Außenbereich installiert werden.
Anhebung der Grenze für die Direktvermarktung
Bisher sind Anlagen mit einer installierten Leistung von mehr als 100 kW zur Direktvermarktung verpflichtet. Künftig können Betreiber von Anlagen mit einer installierten Leistung bis zu 200 kW, die bisher der Direktvermarktungspflicht unterliegen, ihre Überschussmengen ohne Vergütung – aber auch ohne Direktvermarktungskosten – an den Netzbetreiber weitergeben. Hiervon profitieren insbesondere Anlagen mit einem hohen Eigenverbrauch, für die sich die Direktvermarktung aktuell nicht lohnt.
Stärkung des Ausbaus von Photovoltaik-Freiflächenanlagen
Um mehr Flächen zur Förderung von Solarparks zur Verfügung zu stellen, werden sogenannte benachteiligte Gebiete der Landwirtschaft, also Flächen, die sich schwer bewirtschaften lassen oder schwächere Erträge liefern, grundsätzlich für die Förderung klassischer Photovoltaik-Freiflächenanlagen geöffnet. Dabei wird der Zubau von Photovoltaik auf landwirtschaftlichen Flächen jedoch auf ein Maximum von 0,5 Prozent der Nutzfläche bis 2030 beschränkt. Das entspräche einer möglichen installierten Leistung von 80 GW. Zusätzlich werden im Sinne des Naturschutzes strenge Schutzgebietstypen für den Ausbau ausgenommen. Vorbelastete Flächen hingegen sollen für den Ausbau in besonderem Umfang erschlossen werden.
Förderung der Agri-Photovoltaik und weiterer besonderer Solaranlagen
Im „Solarpaket I“ wird klargestellt, dass mindestens 50 Prozent der Photovoltaikanlagen auf, an oder in Gebäuden oder auf Lärmschutzwänden errichtet werden sollen. Die vorhandenen Freiflächen müssen daher effizienter und nach Möglichkeit mehrfach genutzt werden. Deshalb soll die maximale Projektgröße für Solarparks in den Ausschreibungen von 20 auf 50 MW steigen, so dass deutlich leistungsstärkere Parks an den Auktionen teilnehmen können.
Für besondere Solaranlagen (Agri-, Floating und Moor-Photovoltaikanlagen sowie solare Parkplatzüberdachungen) wird ein eigenes Untersegment mit einem eigenen Höchstwert von 9,5 ct/kWh in den Ausschreibungen für Freiflächenanlagen eingeführt. Die Ausschreibungsmengen für diese besonderen Solaranlagen werden schrittweise auf bis zu 2,075 GW pro Jahr angehoben, jedoch ohne eine Erhöhung der Gesamtmenge im Rahmen der bestehenden Freiflächenausschreibungen für Photovoltaik.
„Wir sind zuversichtlich, dass das Gesetz als Energiewendebeschleuniger wirken wird und auf Dächern und Freiflächen in den nächsten Jahren noch mehr Solarmodule installiert werden können. Klimaschutz, Privathaushalte und Gewerbebetriebe werden profitieren“, so Carsten Körnig. „Solarkraftwerke auf ertragsschwachen Böden sind jetzt zumeist förderfähig. Eine effiziente Doppelnutzung von Flächen für die Ernte von Feldfrüchten und Solarstrom wird sogar gezielt angereizt."
Zweites Solarpaket dringend erforderlich
Jetzt müssen die technischen Voraussetzungen für die Umsetzung der Gesetzesreform schnell geschaffen werden und weitere Reformen z. B. im Steuerrecht, beim Energiemarktdesign und dem Netzzugang zeitnah folgen, um die gewaltigen noch ungenutzten Potenziale der Solar- und Speichertechnologien zu erschließen.
„Noch in diesem Jahr bedarf es eines zweiten Solarpaketes, um die neu installierte Photovoltaik-Leistung gemäß den Plänen der Ampel-Koalition von 15 GW im vergangenen Jahr auf jährlich 22 GW ab dem Jahr 2026 zu steigern“, mahnt Carsten Körnig.
Quellen: Bundesnetzagentur, BMWK, BSW-Solar - Juli 2024