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Aktueller Solarboom nicht ohne Kehrseite

Die weiter deutlich sinkenden Investitionskosten für Photovoltaik machen den Betrieb von Solaranlagen so attraktiv wie schon lange nicht mehr. Die Solarworld-Pleite zeigt jedoch die bittere Kehrseite dieses Trends.

Durch die gesunkenen Photovoltaik-Preise wird erstmals seit vier Jahren wieder ein Anstieg der Neuinstallationen im deutschen Photovoltaik-Markt erwartet. Das ist eine gute Nachricht für die deutsche Energiewende und für Investoren. Gleichwohl bedeutet jedoch der harte Wettbewerb für andere Marktteilnehmer sinkende Umsätze oder sogar das Ende, wie die Insolvenz des einstigen deutschen Vorzeigeunternehmens Solarworld zeigt.

Carsten Körnig, Geschäftsführer des Bundesverbands Solarwirtschaft e.V. (BSW), fasst es treffend zusammen:

"Die Insolvenz von SolarWorld ist bitter. Doch das ist nicht das Ende der Solarenergie in Deutschland, die Energiewende geht weiter. Der globale Wettbewerb ist hart, die Photovoltaik-Preise sind in wenigen Jahren auf ein Bruchteil gesunken. Der Betrieb von Solaranlagen ist dadurch so attraktiv wie schon lange nicht mehr und die Photovoltaik-Nachfrage zieht derzeit spürbar an, im ersten Quartal 2017 um 65 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Dieser Trend wird sich fortsetzen.

Die Kehrseite des harten Wettbewerbs: Die Margen einiger Hersteller sind weiterhin stark unter Druck. Deutschland verfügt aber weiterhin über erfolgreiche Unternehmen entlang der gesamten Wertschöpfungskette, vom Rohstoff Silizium über den Maschinen- und Anlagenbau über die Systemtechnik bis hin zu den Batteriespeichern."

Installationszahlen von Photovoltaik-Anlagen sollen 2017 um 27 % steigen.
Dabei sollen Solaranlagen über 1 MWp den größten Anteil haben.

Laut dem Markt- und Wirtschaftsforschungsunternehmen EuPD Research sollen die Installationszahlen bei Solaranlagen 2017 um 27 % auf 1,4 GW (2016: 1,1 GW) ansteigen. Der wichtigste Grund hierfür sind die deutlich gesunkenen Modulpreise, welche rund 50 % der Gesamt-Investitionskosten von Photovoltaik-Anlagen ausmachen. Während im Dezember 2012 deutsche Solarmodule (kristallin) 0,79 € / Wp kosteten, waren es zwei Jahre später nur noch 0,59 € / Wp. Im Dezember 2016 lagen die Preise bereits bei gerade mal 0,49 € / Wp.*

„Der Einfluss sinkender Systempreise wirkt sich am stärksten im Bereich der preissensitiven Freiflächenanlagen aus“, fasst Dr. Martin Ammon, Leiter Energiewirtschaft bei EuPD Research, die aktuelle Situation am deutschen PV-Markt zusammen.

Entsprechend zeigt die Prognose von EuPD Research den größten Anteil der Neuinstallationen für 2017 mit 44 % bei Anlagegrößen über 1 MWp.

Durch Lernkurven- und Skaleneffekte sollen Investitionskosten für Photovoltaik und Windenergie weiter sinken.

Die Investitionen in Erneuerbare Energien werden durch Lernkurven- und Skaleneffekte (Optimierung der Produktionsabläufe, Senkung der Stückkosten durch höhere Stückzahl) günstiger. Das ist das Ergebnis einer Metaanalyse, die die Agentur für Erneuerbare Energien (AEE) am 22. Dezember 2016 veröffentlicht hat. Die Metaanalyse vergleicht die in 15 Studien angegebenen Investitionskosten für insgesamt 11 Energietechnologien, darunter Photovoltaik, Off- und Onshore-Windenergie sowie Solarthermie. Auch Aussagen zu den Investitionskosten von Speichertechnologien und Wärmepumpen werden getroffen.

Die Analyse zeigt darüber hinaus Trends für die Entwicklung der Investitionskosten auf und macht gleichzeitig die teilweise sehr unterschiedlichen Aussagen von Studien zu Kostensenkungspotenzialen transparent.

„Die Metaanalyse zeigt, dass für Windenergie und Photovoltaik trotz der bereits erzielten Kostenreduktionen mit weiter sinkenden spezifischen Kosten gerechnet wird. Eine weitere gute Nachricht für die Energiewende ist, dass auch bei Speichertechnologien von teilweise drastisch sinkenden Investitionskosten ausgegangen werden kann“, erklärt Philipp Vohrer, Geschäftsführer der Agentur für Erneuerbare Energien.

Laut AEE wurde bei der Photovoltaik die in den letzten Jahren erzielte Kostendegression von vielen Wissenschaftlern sogar unterschätzt. Studien aus dem Jahr 2012 rechneten für die Folgejahre noch mit deutlich höheren Kosten. Der signifikante Kostenrückgang spiegelt sich erst in aktuelleren Studien wider.

Bis zum Jahr 2050 nehmen die meisten Wissenschaftler eine weitere Reduktion der Investitionskosten für Photovoltaik um mindestens die Hälfte an. In mehreren Studien sinken die Werte im Betrachtungszeitraum sogar um etwa zwei Drittel. So sollen die durchschnittlichen Investitionskosten für Photovoltaikanlagen von ca. 1.000 - 3.000 € / kW im Zeitraum 2010 - 2015 auf nur ca. 500 - 1.000 € / kW im Jahr 2050 fallen.

Während die heutigen Investitionskosten von Windenergie an Land mit einer Bandbreite von rund 1.100 - 1.500 € / kW angegeben werden, bewegen sich die Erwartungen zukünftig im Bereich von 1.000 - 1.200 € / kW. Der Rückgang der Kosten könnte sich nach Ansicht von Wissenschaftlern durch neue Materialien für Rotorblätter und Tragstrukturen sowie neue Fertigungsverfahren für Großanlagen in Kleinserie mit Teilautomatisierung ergeben.

Windenergie an Land und Photovoltaik spielen in den Zukunftsszenarien aller untersuchten Studien eine tragende Rolle für die deutsche Energieversorgung.

Durch die sinkenden Investitionskosten schließt sich die Kostenschere zwischen konventionellen und erneuerbaren Stromerzeugungstechnologien zunehmend. Daher spielen in den Zukunftsszenarien aller untersuchten Studien Windenergie an Land und Photovoltaik eine tragende Rolle für die deutsche Energieversorgung.

 

 * Die Preise stellen die durchschnittlichen Angebotspreise auf dem europäischen Spotmarkt dar (chinesische Ware verzollt) und verstehen sich netto ohne Umsatzsteuer in Euro pro Wattpeak.

Quelle: Agentur für Erneuerbare Energien (AEE), Bundesverband Solarwirtschaft (BSW), EuPD Research Sustainable Management GmbH, IWR, pvXchange, Mai 2017

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